Tafel blaues Wunder Klein Lengden

Informationstafel „Das blaue Wunder von Klein Lengden“

Samstag, 22. Juli 2023 in Klein Lengden: Heute haben wir die Tafel mit der Geschichte des blauen Wunders auf dem Parkplatz an der Historischen Spinnerei angebracht.

Die Sage „zum blauen Wunder“ ist ein Element der regionalen Identität und verzaubert Einheimische und Besucher gleichermaßen. Die neue Informationstafel bringt die Geschichte auf lebendige Weise näher und lädt Touristen dazu ein, sich von den historischen und mystischen Facetten der Region inspirieren zu lassen.

Die Sandsteintafel befindet sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite am Sandsteinfelsen und erinnert an die Sage „Das blaue Wunder von Klein Lengden“ von H. von Werder.
Nach einer Geschichte von Franz Fromm, Barcelona.
Tecklenburgs Heimatkalender für Südniedersachsen.
1924 S. 25

Die Sage erzählt die Geschichte eines Liebespaares aus dem 30jährigen Krieg (1618-1648).

Tafel blaues Wunder Klein Lengden

Das blaue Wunder von Klein Lengden

Blaues Wunder TafelZwischen Steinsmühle und der Spinnerei liegt im Gartetal, dicht neben der Straße, ein ehemaliger Steinbruch. Bis zum Jahre 1929 war an dieser Stelle ein Fels zu sehen, der eine merkwürdige Zeichnung dauerhaft eingemeißelt trug. Hier soll im 30jährigen Kriege ein Wunder geschehen sein.

Damals führte die alte Straße noch oberhalb dieses Steinbruches entlang. Und die Mühlenstraße von Klein Lengden nach der Steinsmühle ist, wenigstens im Anfang noch, ein Überbleibsel dieser Straße.

Ein junger, frischer Fähnrich der Landsknechte, die unter dem Grafen Pappenheim im Jahre 1626 Göttingen belagerten, war oft diesen Weg von Göttingen kommend zur Spinnerei geritten, um die schöne Müllerin zu besuchen. Damals war dies einzelnstehende Gehöft noch eine Mühle. Ein Kamerad dieses Fähnrichs Christopher Prunner aber, mit Namen Moritz Hueber, neidete ihm diese häufigen Besuche, bei denen er sicher besonders gutes Essen vorgesetzt bekam. Überall herrschte schon Not; denn rund herum in den Dörfern waren die Vorräte schon aufgezehrt, den Bauern hatte man das letzte Stück Vieh und das letzte Körnchen Getreide mit Gewalt entwendet.

Dieser Moritz Hueber wollte nun unsern Christopher aus dem Wege schaffen. Dazu hatte er sich einen Plan ausgedacht, den er an einem schönen Maienabend ausführte. Im dichten Gebüsch versteckt, lauerte er seinem Kameraden auf. Als Christopher gerade oberhalb des steilen Felsens ritt, schoss Moritz Hueber und verwundete das Pferd am Ohr. Das scheute und sprang nach rechts in den Abgrund, den die Dämmerung verhüllte. Im Sturz rief nun Christopher Prunner seinen Schutzheiligen, den heiligen Christophorus um Hilfe an. Und da geschah das Wunder. Ohne Verletzungen waren Pferd und Reiter die steile, hohe Felswand hinabgestürzt. Als die Müllerin, die den Vorgang von der Haustür aus beobachtet hatte, an die Unglücksstelle kam, fand sie Reiter und Pferd unverletzt. Über dieses wunderbare Geschehnis herrschte bei den beiden große Freude, und sie waren dankbar für diese Errettung. Dieser Abend war der Abschiedsabend zwischen Christopher und der Müllerin; denn wenige Tage später zogen er und seine Kameraden fort in andere Gegenden unseres Vaterlandes. Vom Moritz Hueber kam aber keine Nachricht mehr zu ihnen.

Jahre vergingen, und auch Christopher und die Müllerin hörten nichts voneinander. Anna, die Müllerin, wartete und hoffte, dass eines Tages der Krieg zu Ende gehen und ihr Christopher zurückkehren würde; denn sie brauchte eine kräftige Stütze für ihr Mühle. Aber noch mancher Sommer und mancher Winter sollten über das Land ziehen, ehe es für die beiden ein Wiedersehen gab.

Inzwischen war das Söhnchen, das ihr geschenkt ward, zu einem kräftigen Knaben herangewachsen. Mit ihm ging die Müllerin manchen Abend an den Felsen wo der heilige Christopherus das Wunder hatte geschehen lassen. Davon erzählte sie ihrem Buben, und damit er sich freute, ritzte sie ein Bild des Reiters und des heiligen Christopherus in den weichen Sandsteinfelsen. Später nahm sie Hammer und Meißel und grub das Bild dauerhaft in den Stein. Daneben machte sie eine Nische, in die sie ein ewiges Licht hineinstellte. Der Schmied von Groß Lengden hatte eine Tür angefertigt, in die eine Blaue Glasscheibe, sie stammte von der zerstörten Burgkapelle der Gleichen, eingelassen war. Jeden Abend leuchtete des Nachts der blaue Schein über die Garte hinaus. Aber auch frische Blumen standen immer unter dem Bilde. Uns so gedachte sie in stiller Wehmut des fernen Christopher. Zu seinem Schutzheiligen flehte sie sehnlichst, er möge ihn doch wieder zurückkehren lassen. Und weil sie so innig bat, half der heilige Christophorus wieder. Einige Jahre später ritt an einem strahlenden Sommermorgen ein einsamer Reiter am Hengstberge vorbei, die Bramke entlang und bog dann am Felsen ab der Mühle entgegen. Dort blieb er an der Felswand stehen; denn dort war gerade ein blonder Junge damit beschäftigt, einen Strauß frischer Vergissmeinnichtblüten in einen Topf zu stellen. Auch sah der Reitersmann das eingeritzte Bild und den Schimmer des ewigen Lichtes.

„Wie heißt du denn?“ fragte er den Knaben, „Christopher Prunner“ erhielt er als Antwort. Sein Kind also, davon hatte er nicht gewusst. „Was machst du denn hier?“ fragte er weiter. „Ich bringe meinem Vater Vergissmeinnicht“. „Er ist von diesem Felsen abgestürzt und später in den Krieg gezogen. Nun ist er tot. Weil ich heute Geburtstag habe, darf ich die Blumen bringen, sonst macht das Mutter immer.“

„Weil du heute Geburtstag hast, will ich dich auch reiten lassen.“ Er hob seinen Knaben auf das Pferd, sie wollten schnell zur Mutter reiten. Von weitem rief das Kind schon seine Mutter in heller Freude. Sie war vor die Haustür getreten. Sie erkannte sofort den Reitersmann, es war Christopher, der Vater ihres Sohnes.
Das war ein frohes Wiedersehn! Freude herrschte in der Mühle, in der nun endlich die Familie vereint war. Es war also das zweite Wunder, Christopher war zurückgekehrt und blieb nun für immer in der Mühle. An die Felswand mit der Zeichnung gingen die drei noch oft.

Das Bild im Felsen, der Reiter und der heilige Christophorus und die Nische für das ewige Licht blieben noch 303 Jahre erhalten, bis es unverständige Menschen im Jahre 1929 zerstörten.